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Ob Mensch oder Maschine: keine Intelligenz ohne Lernen

Februar 11, 2019

Die Intelligenz des Menschen ist untrennbar damit verbunden, dass er über eine phänomenale Lernfähigkeit verfügt. Warum also, so lässt ich folgern, sollte es bei der maschinellen Intelligenz anders sein? Künstlich intelligent ist ein System dann, wenn es in der Lage ist, ein Problem durch Verwendung eines Algorithmus (also einer zielgerichteten Lösungsvorschrift, eines „Rezepts“) selbstständig zu lösen. Damit es dies wirklich „intelligent“ umsetzen kann, muss es, so banal es klingt, alles von der Pieke auf „lernen“, wie ein Blick auf die KI-Praxis zeigt.

Nur grundlegendes Neu-Anlernen macht aus einem KI-System ein vielseitiges Werkzeug

Die Intelligenz des Menschen ist untrennbar damit verbunden, dass er über eine phänomenale Lernfähigkeit verfügt. Warum also, so lässt ich folgern, sollte es bei der maschinellen Intelligenz anders sein?

Künstlich intelligent ist ein System dann, wenn es in der Lage ist, ein Problem durch Verwendung eines Algorithmus (also einer zielgerichteten Lösungsvorschrift, eines „Rezepts“) selbstständig zu lösen. Damit es dies wirklich „intelligent“ umsetzen kann, muss es, so banal es klingt, alles von der Pieke auf „lernen“, wie ein Blick auf die KI-Praxis zeigt. 

Zum Repertoire von KI-Anwendungen gehört im Fall von Geutebrück das Erkennen bestimmter Bildelemente und deren Vergleich mit bereits bekannten Elementen. Um etwas „erkennen“ zu können, muss das System so trainiert werden, dass es gewünschte Objekte (Treffer) von ungewünschten unterscheiden kann. Wie beim menschlichen Lernen bedeutet Training auch, dass sich die Trefferzahl bei vielen Wiederholungen erhöht, dass das System also „Erfahrungen sammelt“.

 

Wie sag’ ich’s meinem Schüler?

Computer sind immer menschliche Konstruktionen, die zunächst nur das tun, was ihnen aufgetragen wird. Damit sie dazu in der Lage sind, muss der Mensch die Welt definieren, in der sie agieren sollen. Das gilt erst recht für KI-Systeme, deren Aufgabe es ist, „intelligente Entscheidungen“ zu treffen. Wenn es darum geht, Daten mit bestehendem Wissen zu vergleichen, müssen KI-Systeme erst einmal beigebracht bekommen, welche Daten richtig und relevant sind, welche sie also behalten und weiterprozessieren sollen und welche sie verwerfen können.

Das gilt für Wörter in geschriebener oder Audioform ebenso wie für Gegenstände, die auf Fotos oder in Videodateien „zu sehen“ sind. In der Medizin kommen beispielsweise KI-Systeme zum Einsatz, die eine Kombination dieser Inputinformationen verarbeiten müssen: Schriftliche oder gesprochene Notizen über Symptome und Beobachtungen zu deren Verlauf, archivierte Krankenakten und die Ergebnisse bildgebender Verfahren (Ultraschall, Röntgen, MRT etc.) werden in leistungsfähigen KI-Applikationen zusammengeführt, die sie vergleichen, analysieren und daraus Schlüsse über wahrscheinliche Krankheitsursachen ziehen.

Doch selbstverständlich sagen die Bilder etwa von auffälligen Hautveränderungen einem Computer zunächst einmal gar nichts. Er muss erst den Vergleich mit bekannten Mustern lernen und „verstehen“, worauf er beim Abtasten eines Bildrasters zu achten hat: zweidimensionale und dreidimensionale Struktur, Pigmentierung, Verlauf der Ränder usw. Letztendlich müssen pixelgroße Eigenschaften eines Bildes mit Datenbankinformationen verglichen werden, Pixel für Pixel muss entschieden werden: Steht diese Eigenschaft auf der Liste der interessanten (weil von der definierten Norm abweichenden) Eigenschaften oder nicht?

Dieses Prinzip wird überall dort angewandt, wo es um die Analyse von Daten geht, die durch Kameras generiert werden. Wenn beispielsweise eine Getränkekiste oder eine ganze Palette mit Kisten an einer Kamera vorbeigeführt wird, kann eine entsprechend angelernte KI-Software durch blitzschnellen Abgleich entscheiden, ob ein Platz leer oder besetzt ist wenn sie vorher durch Training zu dieser Art von Entscheidungsfindung befähigt wurde.

Im Sicherheitsbereich wird KI, die durch maschinelles Lernen „klug“ geworden ist, dazu  benutzt, zu überprüfen, ob Mitarbeiter vorschriftsgemäß alle Elemente ihrer Schutzkleidung tragen, bevor sie sensible Gebäudeteile betreten. Dazu muss die Software bestimmte Merkmale an der Kleidung (z.B. Form, Farbe oder Muster) erkennen und die Frage „Vorhanden oder nicht vorhanden?“ beantworten. Noch ausgeklügelter, sozusagen als Maschinenabitur, muss das antrainierte Wissen sein, wenn nicht Gegenstände wie Pakete oder Flaschen, sondern Gesichter zu erkennen sind, etwa bei der intelligenten Zugangskontrolle. Zwar folgen all diese Prozesse demselben Grundprinzip des Vergleichs von Bildinformationen, die Ansprüche an die Fähigkeiten der Software sind jedoch unterschiedlich hoch.

 

Neues Objekt? Alles auf Anfang!

An diesem Punkt ist es jedoch entscheidend, sich klarzumachen, dass der Begriff „künstliche Intelligenz“ einen hohen Grad an Hybris enthält. Denn: Das KI-System kann nach erfolgter Ausbildung gerade einmal exakt eine einzige Erkennungsaufgabe ausführen, nämlich genau den Gegenstand oder die Informationen erfassen, die es durch unzählige Trainingsläufe als wichtig erlernt hat. Befinden sich beispielsweise in einer Getränkekiste Bälle statt Flaschen und lautet der Auftrag, die Zahl der vorhandenen Flaschen zu ermitteln, wird die Software einfach melden: Keine Flasche vorhanden.

Wer nun aber wissen möchte, wie viele Bälle statt Flaschen im Kasten sind, befindet sich wieder ganz am Anfang des Trainingsprogramms für den Schüler KI: Alle Lernschritte, die zuvor mit den Flaschen unternommen wurden, müssen mit Bällen wiederholt werden. Wer den Unterschied zu menschlicher Intelligenz erkennen will, muss sich nur vorstellen, was dies für eine Mathematikprüfung bedeuten würde: Der Prüfling wäre zwar in der Lage, eine Aufgabe zu lösen, die in allen wichtigen Details in der Vorbereitung bereits geübt wurde. Aber die geringste Abweichung (ein Fünfeck statt eines Vierecks z.B.), würde ihn völlig überfordern. Folge: Neuer Unterricht mit Übungen zum Fünfeck.

Analog muss auch die KI bei jeder signifikanten Detailänderung (veränderter Schutzhelm, neue Flaschenform etc.) erneut auf die Schulbank.

Unternehmen, die KI-Systeme einsetzen wollen, sollten sich dieser Tatsache bewusst sein. Die bequeme Copy & Paste-Logik: „Was bei Flaschen funktioniert, wird ja wohl auch bei Druckerpatronen funktionieren.“, gilt nur, wenn zuvor eine umfassende „Fortbildung“ im Trainingszentrum des Lieferanten durchlaufen wurde. Soweit die schlechte Nachricht. Die gute lautet: Wenn KI-Systeme in der Lage sind, die erlernten Informationen nahezu fehlerfrei zu verwenden, sind sie in der Lage, Qualität zu erhöhen und Kosten zu senken. Wer jetzt immer noch Sorge hat, KI sei Hexenwerk, dem sei gesagt: Die wahre Intelligenz sitzt - auch heute noch - VOR dem Computer!


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